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sueddeutsche.de

Die große Mauer

March 17, 2008, sueddeutsche.de

Auf YouTube sind Videos von protestierenden Mönchen in Tibet zu sehen - daraufhin sperrte die chinesische Regierung die Seite. Warum die Internetzensur in China fast reibungslos funktionieren kann.
Von Lisa Sonnabend

Tausende Mönche in roten Gewändern ziehen durch die Straßen zum Kloster Labrang, rufen Parolen und recken die Fäuste. Ein Bürgerjournalist hat den Protest der Mönche gegen China mit seiner Handykamera aufgenommen und ins Internet gestellt.

Auf YouTube und anderen Webseiten sind dieses und zahlreiche andere Videos von den Protesten und Unruhen in Tibet zu sehen. Sie stammen von Augenzeugen, die eine Handy- oder Digitalkamera haben, oder von professionellen ausländischen Fernsehteams. Es sind Bilder, die die chinesische Bevölkerung nicht zu Gesicht bekommen soll. Statt Videos von den Protesten erscheint bei ihnen nur ein weißer Bildschirm.

Am Samstag hat die chinesische Regierung in mehreren Städten das Internetportal YouTube gesperrt. Auch heute ist in Shanghai oder Peking YouTube noch nicht wieder aufrufbar - wie ein Test mit der Software Websitepulse ergab. Nur in den Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao war YouTube anscheinend nicht gesperrt worden.

Fehlermeldung statt Suchergebnis

Die Restriktionen nach den Protesten zeigen einmal mehr, wie scharf die Zensur in China ist. Die chinesische Regierung kontrolliert seit langem Zeitungen, Radio und das Fernsehen, um ihre Macht zu festigen. Auch im Internet hat sie längst wirkungsvolle Methoden entwickelt, um den Informationsfluss im Griff zu bekommen. 210 Millionen Chinesen nutzen bereits das Internet, bald wird China die USA als Land mit den meisten Usern ablösen. Doch freie Meinungsäußerung gibt es nicht - die Zensur im Internet wird immer strenger.

Regimekritische Äußerungen sind in China nicht gestattet. Zahlreiche ausländische Webseiten wie das Online-Angebot des amerikanischen Nachrichtensenders CNN oder die Seiten von Menschenrechtsorganisationen sind für chinesische Internetnutzer gesperrt.

Auch chinesische Angbote werden kontrolliert. Berichten Webseiten über kritische Themen, werden sie blockiert. Die Seitenanbieter sehen sich gezwungen, gegen unerwünschte Suchbegriffe Filter einzurichten. Wer Begriffe wie Falungong oder Tiananmen-Massaker in die Suchmaske eingibt, erhält eine Fehlermeldung, so als sei die gewünschte Seite aus technischen Gründen derzeit nicht erreichbar.

"Die Webseitenbetreiber haben daraufhin versucht, Synonyme für die verbotenen Begriffe zu verwenden, doch auch diese wurden kurze Zeit später blockiert", heißt es in einem Bericht von "Reporter ohne Grenzen" vom November 2007, in dem ein chinesischer IT-Techniker schildert, wie die Zensur in China funktioniert. Die Liste der unerwünschten Wörter wird dadurch immer länger. Derzeit gibt es etwa 400 bis 500 Begriffe, die Suchmaschinen nicht finden dürfen. Chinas Filtersystem wird von westlichen Ländern oft als "The Great Firewall" bezeichnet, das auf die Chinesische Mauer ("Great Wall of China") und den Begriff für ein Netzwerk-Sicherheitssystem ("Firewall") anspielt.

Doch auch westliche Firmen wie Microsoft, Google und Yahoo sind im Umgang mit dem Internet in China in die Kritik geraten, da sie die Filter freiwillig auf ihren Seiten einbauen. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten sich aus geschäftlichen Interessen den Regeln der chinesischen Regierung unterworfen.

Zwang zur Selbstzensur

Das Kontrollsystem in China ist staatlich organisiert. Da die großen Nachrichtenportale unter staatlicher Lizenz arbeiten, kann das "Büro für Internetpropaganda" durchsetzen, dass Artikel, die der Regierung missfallen, gelöscht werden. Die Onlinemedien sind so gezwungen, sich selbst zu zensieren. Denn bei Zuwiderhandlung werden die Seitenbetreiber kritisiert, müssen eine Geldstrafe zahlen, die verantwortlichen Schreiber entlassen oder die ganze Webseite dichtmachen. Zehntausende Cyber-Zensoren und -Polizisten arbeiten zudem in China. In den vergangenen zehn Jahren haben sie Hunderte chinesische Internetnutzer verhaftet, heißt es in dem Bericht von "Reporter ohne Grenzen".

Zu Beginn des Jahres wurde die Internetzensur in China noch einmal verschärft. Das "Ministerium für die Informationsindustrie" und die staatliche "Behörde für Rundfunk, Film und Fernsehen" ordneten an, dass Video- und Audiodateien nur noch von Websites versendet werden dürfen, die von beiden Behörden lizensiert sind. Für private Anbieter ist dies künftig nicht mehr möglich.

Doch es gibt eine Bewegung, die die chinesischen Zensurbehörden nicht gerne sehen: In China entstehen immer mehr Weblogs. 19 Prozent der chinesischen Internetnutzer haben bereits ihr eigenes Weblog, in denen teilweise versucht wird, Kritik an den Zuständen zu üben. Die Blogger behelfen sich dabei oft mit Tricks, um die Zensur zu umgehen. Noch tut sich die chinesische Regierung schwer, diese verhältnismäßig kleinen Seiten ähnlich konsequent zu kontrollieren wie die großen Nachrichtenmagazine.

Ein Blogger veröffentlichte in seinem Weblog China – not special Fotos von den Protesten vor dem Kloster Labrang. Nachdem seine Seite nicht mehr funktionierte, benannte er das Kloster Labrang kurzerhand in Labr@ng um. Er schreibt: "Ich habe einige der nicht zu erwähnenden Schlüsselwörter, die möglicherweise diese Seite blockiert haben, abgeändert – und voilà, alles geht nun wieder." Fragt sich nur, wie lange.

(english translation)